Beschlagenes Fenster

Erschienen im November 2022 im Tagesspiegel.

Was steht ins Haus?

Nach einem Einbruch wurde eine Fensterscheibe (2 x 4mm Floatglas) durch eine gleiche, jedoch innenseitig beschichtete Scheibe ersetzt. Seitdem beobachten wir (nur) an diesem Fenster, dass die Scheibe bei Sonneneinstrahlung häufig von außen beschlägt. Dies geht erst wieder gegen Mittag zurück. Es ist schon störend, den halben Tag einen nur verschwommenen Ausblick zu haben! Der Glaser spricht von einem höheren Dämmwert als vorher und weist einen Mangel zurück. Kann die Scheibe verkehrt herum eingebaut worden sein? Können wir hier etwas unternehmen?

Was steht im Gesetz?

Sie sind ein „Opfer“ der hohen Wärmedämmung und der besseren statt nur der sehr guten Scheibe geworden. Dieses Kondensat tritt auf, wenn die Oberfläche der Scheibe unterkühlt ist, so dass Wasser aus der Umgebungsluft ausfällt. Man kennt es eigentlich nur von Fensterinnenseiten, wenn z.B. im Schlafzimmer nur ungenügend gelüftet wird, die Luft sich auffeuchtet und an der kalten Scheibe niederschlägt. Außen unterkühlen die Oberflächen zu wolkenlosen Zeiten durch Abstrahlung im Infrarotbereich in das Weltall. Man beobachtet das gut morgens an Autoscheiben, wenn der Himmel klar ist. Es ist der gleiche Effekt wie die Veralgung der Wärmedämmverbundsysteme: In den frühen Morgenstunden unterkühlt der Oberputz, Feuchtigkeit fällt aus. Die Fassaden-Nordseiten trocknen mangels Sonnenscheins nicht aus – es kommt zum bekannten Bewuchs. Ursächlich für diesen unangenehmen Effekt ist eine gute Dämmung des „Untergrunds“: Die heutigen Fassadendämmungen, der Auto- Innenraum oder die hoch gedämmte Scheibe sorgen dafür, dass zu wenig Energie von innen die Scheibe außen erwärmt. Früh ist die Luft durch die niedrige Temperatur noch eher feucht, so wird der Taupunkt, an dem das Kondensat ausfällt, erreicht. Steigt die Umgebungstemperatur an, tauen im Winter die Autoscheiben wieder ab, das Beschlagen der Fensterscheiben geht auch an den Gebäuden zurück. Je schlechter die Scheibendämmung, desto seltener ist dieser Effekt.


 Und wie stehen Sie dazu?

Durch die nunmehr zusätzliche Beschichtung der beiden Innenseiten der Isoliergläser erhöht sich der Dämmwert und ein Teil der Infrarotstrahlung aus dem Gebäudeinneren wird reflektiert – der Wärmedurchgang durch die Scheibe ist verringert, die Außenseite bleibt kühler. Hier spielen nur wenige Grad eine Rolle, damit der Taupunkt erreicht wird und an der Scheibenaußenseite Kondensat ausfällt. Abhilfe kann nicht einfach geschaffen werden – es hilft kein Putzen mit Zaubermitteln. Eine Beschichtung zur Verminderung der Abstrahlung müsste werkseitig erfolgen – zu spät. Alternativ wäre eine Verschattung hilfreich – auch keine Lösung! Die Ursachen sind klar und liegen in der geänderten Scheibenart. Es bleibt also nur ein Scheibentausch – zurück zum nicht beschichteten Floatglas. Besser ist nicht immer besser!

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